Nicki: Gute Ausbildung das A und O
Wer (s)ein neues Traumpferd sucht und dafür den Blick nach Island richtet, dem ist wohl der Name Nicki Pfau ein Begriff. Die Wahl-Isländerin mit Schwarzwälder Wurzeln ist Matchmaker im besten Sinne, steht sie doch kompromisslos einerseits für Top-Qualität vom Kinderpferd über den Freizeitkumpel bis zum Sportkracher wie auch v.a. für eine stets größtmögliche Passgenauigkeit von Ross und Reiter.
Im Moment herrscht im Mutterland unserer Pferderasse vor der optimal zum Export geeigneten kalten Jahreszeit wie in jedem Jahr Hochbetrieb auf dem Markt sowohl für Sport- wie auch für Freizeit- und Zuchtpferde. Über aktuelle Trends und Entwicklungen wie auch über ihre Arbeit bei Sichtung, Auswahl, Angebot und Vorstellung interessanter Verkaufspferde hat sich isibless aktuell mit Nicki unterhalten.
isibless: Wir sprechen uns gerade kurz vor dem Ende einer Landsmót-Saison. Haben solche Jahre auf Island und auch für Gäste und Kunden aus aller Welt eine ganz eigene, eine besondere Faszination, oder ist Island per se 365 Tage im Jahr faszinierend und interessant, was Besuche und Kaufinteresse betrifft?
Nicki: In einem Landsmót-Jahr wie diesem merke ich persönlich kein gesteigertes Interesse, was allein mit dem Event zu tun hätte, aber speziell um das Landsmót herum verbinden viele Gäste aus dem Ausland ihren Besuch natürlich damit, sich allgemein oder für sie speziell spannende Pferde anzugucken. Und da ist das Landsmót ehrlicherweise natürlich ein sehr gutes Schaufenster und eine Bühne, wo man viele sehr schöne Pferde sieht und sich nicht selten auch inspirieren lassen kann, dass man z.B. auch ziemlich genau „soetwas“ haben möchte.
Dass jemand dann konkret den Viertplatzierten aus der Klasse der sechsjährigen Hengste kaufen will, kommt zwar mal vor, aber öfter ist es so, dass ich von meinen Gästen und Kunden schon im Vorfeld höre, was sie suchen, und dann mache ich mich an die Arbeit, um etwas dazu Passendes zu finden, das ich ihnen zeigen kann, wenn sie hier sind. Es ist ja keinem damit gedient, dass Pferd XY auf dem Landsmót mit seinem hiesigen Star-Bereiter spektakulär aussieht, mit dem Kunden aber so gar nicht harmoniert und zusammenpasst. Und genau darin liegt sowohl das Komplexe wie auch die schöne Herausforderung für mich, dass ich etwas finden möchte, womit der Kunde auch zu Hause jeden Tag glücklich ist. Wenn das dann tatsächlich der Viertplatzierte aus der Klasse der sechsjährigen Hengste ist: umso besser!
isibless: Gibt es bei der Pferdesuche derzeit bestimmte „Trends 2018“?
Nicki: Man sucht nach wie vor viele Sportpferde, die möglichst weit und für den sofortigen Turniereinsatz ausgebildet sind oder die sogar schon Erfahrung im Sport haben - am besten dürfen sie bereits im oberen Notenbereich gelaufen sein, um damit dann eine genauere Perspektive und Einordnung z.B. für die Leistungsklassen in Deutschland zu bekommen. Und natürlich sollen sie bestenfalls einen sehr guten und ganz ausgeglichenen Charakter haben, was ja auch absolut nachvollziehbar und richtig ist.
Aber auch Zuchtpferde sind interessant und werden viel nachgefragt - egal ob von beliebten isländischen Hengsten tragende Elitestuten oder vielversprechende Jungpferde. Und was etliche meiner Kunden außerdem suchen, sind junge Wallache und Freizeitpferde, die einen guten Charakter und sehr viel natürlichen Tölt haben und die vor allem ganz einfach zu reiten sind.
Zum Glück haben wir hier auf Island in der Breite wesentlich mehr sehr gutes Material als in Deutschland - vom Fohlen über Jungpferde und Freizeitpferde bis in den hohen Sport- und Zuchtbereich -, und das gibt’s, auch wenn man das in Deutschland oft anders hört, hier auf Island für weniger Geld als auf dem Kontinent. Richtige Top-top-top-Pferde für die sportliche und züchterische Oberklasse kosten dann wiederum auch mehr als in Deutschland, wo es diese aber in den meisten Fällen entweder gar nicht gibt oder wo sie bereits im Einsatz und damit nicht zu verkaufen sind. Auf Island haben wir so viele davon, dass man dann eben auch meistens fündig wird.
isibless: Du sprachst die sportliche und züchterische Oberklasse an. Recht häufig wird in letzter Zeit beobachtet und verständlicherweise diskutiert, dass auf Island in FIZO und Gæðingakeppni Pferde hohe Endnoten bekommen, obwohl sie faktisch Schritt-los erscheinen oder diese Gangart zumindest nur sehr mäßig zeigen. Damit wären sie für den Sporteinsatz auf dem Kontinent zumindest in Mehrgang-Prüfungen eher fragwürdig. Ist dieses Phänomen auch bei Deinen Kunden ein Thema?
Nicki: Das ist sicherlich ab und zu ein Thema, aber dem begegne ich ganz kurz und knapp bzw. sehr konsequent. Ich biete nämlich schlicht und ergreifend keine Pferde an, die keinen Schritt haben. Mein Ziel ist es, Qualität anzubieten und zu vermitteln, und dabei bin ich extrem pingelig und lege ganz großen Wert auf Gangqualität und Ausbildung. Ich möchte doch etwas anbieten, was ich auch selber gern hätte, wenn ich an der Stelle meiner Kunden wäre. Und soetwas - ein Pferd ohne Schritt - würde ich schließlich auch nicht kaufen, wenn ich eines für mich suchen würde.
Diese Pferde taugen, selbst wenn sie eine wahnsinnige Tölt- und Trab-Qualität haben, nicht für kontinentalen Sport. Basta. So ein Schritt-loser Zappelphilipp würde mich doch selber nerven, das braucht man überhaupt nicht. Gottseidank gibt es aber - und das ist ja das Tolle an Island - genügend viele Pferde hier, die guten Schritt haben. Und nur die sind für mich interessant, weil ich nur diese Pferde guten Gewissens anbieten kann und möchte.
isibless: Jetzt haben wir viel darüber gesprochen, was Pferde und Kunden betrifft. Wie sieht aber denn eigentlich Deine ganz persönliche Arbeit aus? Wie man auf Deiner Website oder auch per Instagram verfolgen kann, hast Du immer eine große Anzahl an tollen Verkaufspferden im Angebot. Wie kommst Du überhaupt an diese Pferde heran und wie schafft Du es, dass Du von all Deinen Angeboten eigene Videos machst? Soetwas ist ja nicht alltäglich ...
Nicki: … vielleicht ist es das wirklich nicht, aber eigentlich sollte das doch wirklich so sein, denn hier geht es ja nicht zuletzt um eine große Verantwortung gegenüber Lebewesen, die uns viel Freude bereiten, von denen wir aber auch viel verlangen und für die wir neue Besitzer in einer neuen Umgebung suchen. Mit all diesen Aufgaben will ich seriös und verantwortungsbewusst umgehen.
Zunächst ist es also ganz wichtig, sorgfältig hinzuschauen, die Augen und Ohren am Markt hier auf Island offenzuhalten, um dann ja auch eine gute Auswahl zu haben. Meine Kunden sollen sich darauf verlassen können, dass sie von A-Z beraten und begleitet werden und dass sie bei mir wirklich für alle Einsatzbereiche qualitativ gute bis hochwertige Pferde bekommen. Und das sind ja eben nicht nur die ganz teuren Sportpferde mit WM-Potenzial, sondern ich bin genauso Feuer und Flamme für meine Kunden, wenn sie z.B. ein hochzuverlässiges Kinder- oder Einsteigerpferd suchen oder einen ganz tollen Freizeitpartner, der nie in seinem Leben ein Turnier bestreiten soll. Ich freue mich riesig über die Vielfalt bei den Anfragen und bediene seit vielen Jahren alle diese Sparten sehr gern und bin echt stolz auf ganz viel gutes Feedback und über wirklich viele Kunden, mit denen ich auch Jahre nach ihrem ersten Kauf bei mir immer noch guten Kontakt habe.
Die Hoch-Zeit für das Thema Verkauf ist jedes Jahr im Herbst, daher habe ich auch gerade jetzt wieder eine riesengroße Auswahl, die man sich über die Website anschauen oder natürlich auch über Facebook bei mir anfragen kann. Außerdem empfehle ich ja auch vernünftigerweise einen Export in die kalte Jahreszeit hinein und nicht in die Hitze. Von jetzt bis ca. Ostern ist hier auf Island also am meisten zu tun.
Über die Jahre habe ich viele Kontakte aufbauen dürfen, die ich gut pflege und mit denen ich schon lange zuverlässig zusammenarbeite. Darunter sind sehr gute Ausbildungsadressen - alles Trainer oder Pferdebesitzer mit Trainern am Stall -, von denen ich selber extrem angetan bin. Ich lege einfach ganz besonders viel Wert auf sehr gut ausgebildete Pferde. Die Grundausbildung - egal ob angeritten oder schon fertig - muss einfach stimmen, denn diese Basis ist super wichtig, damit auch später zwischen Reiter und Pferd alles klappt.
Über diese Kontakte werden mir regelmäßig ziemlich viele Pferde angeboten, und aus diesen wähle ich aus. Zunächst erzählen mir die Leute natürlich am Telefon von ihren Pferden, sie geben mir ein paar Daten oder schicken erste Fotos oder kleine Videoclips. Dann fahre ich hin, gucke mir die Pferde an, und wenn sie mir zusagen, dann mache ich ein Video, probiere die Pferde natürlich selber aus und biete sie erst danach an, wenn ich auch wirklich genügend viele eigene Eindrücke habe gewinnen können.
Dabei kommt’s auch ziemlich oft vor, dass ich nein sage, wenn z.B. Charakter und Temperament nicht stimmen. Das Pferd muss für mich spannungsfrei sein, einen guten Spirit und gutes Vorwärtsdenken haben, ohne bei jedem dritten Stein zu zucken, dazu die gute gerittene Ausbildung und eine spürbar saubere Gangtrennung. Freizeitpartner müssen ihrerseits gar nicht soviel Bewegung haben wie diejenigen, die für den Turniersport in Frage kommen, aber auf jeden Fall brauchen sie ganz viel Takt und müssen leicht zu reiten sein.
Mir ist das Gesamtpaket wichtig und es ist mir keineswegs egal, dass die Pferde ja anschließend „sowieso nicht mehr zurückgegeben werden können", sondern ich möchte die Beziehung zu meinen Kunden möglichst langfristig pflegen. Das ist mir ganz, ganz wichtig. Und vielleicht darf ich ihnen oder Freunden und Bekannten von ihnen dann ja auch später nochmal behilflich sein, wenn sie sich einen weiteren Wunsch erfüllen wollen.
isibless: Wenn ich nun also mein Traumpferd gefunden habe und es zu mir nach Hause holen möchte, wie kompliziert ist dann der Export für mich?
Nicki: Darum muss man sich tatsächlich gar keine Sorgen machen, denn ich arbeite seit vielen Jahren mit namhaften Exporteuren zusammen und koordiniere das natürlich für meine Kunden mit diesen Profis. Hat sich ein Kunde für sein Pferd entschieden, beginnen ganz routiniert alle weiteren Schritte: es wird eine Ankaufsuntersuchung gemacht, dann wird das Pferd vom Exporteur direkt vom Stall abgeholt, es folgt der offizielle Check durch einen Amtstierarzt am Flughafen, dabei werden Pferdepass und Ausfuhr-Papiere erstellt und dreieinhalb Stunden später kommt das Pferd z.B. in Liège in Belgien am Flughafen an, wo man es selber abholen oder das von einem Pferde-Fuhrunternehmen erledigen lassen kann. All diese Schritte laufen ganz reibungslos ab.
isibless: Wie lange muss ich in der Regel auf mein Pferd warten?
Nicki: Das geht alles recht flott, im Normalfall dauert es von der Kaufentscheidung bis zum Ausfliegen und der Anlieferung nach Hause rund zwei Wochen. Wenn ich dazu noch etwas sagen darf, was die Ankunft der Pferde auf dem Kontinent betrifft: Ich finde es ganz wichtig, dass die Pferde, die aus Island kommen, möglichst schnell Anschluss finden, in eine Herde integriert werden oder als Hengste zumindest in der Nähe anderer Pferde stehen und nicht in Isolationshaft.
Wenn ein Pferd, das hier auf Island mindestens über sechs von zwölf Monaten in der Herde wohnt, auf einmal über längere Zeit allein stehen muss, ist das sehr belastend für dieses Pferd. Stattdessen sollten die Importpferde bitte möglichst schnell wieder Freunde finden und stets so artgerecht wie möglich gehalten werden. Dazu gehört ein normales Sozialverhalten - das ist einfach super wichtig, denn sie sind es von hier im Alltag gewohnt, und das Zusammensein mit anderen Pferden hilft auch ganz stark dabei, ihren Spirit zu erhalten, damit sie nicht abstumpfen. Ich denke, das sind wir unseren Pferden schuldig, und so haben wir dann ja auch selber mehr Freude an und mit ihnen.
isibless: Ganz herzlichen Dank, liebe Nicki, für das aufschlussreiche Gespräch und Dir nun weiterhin soviel Freude, Erfolg und ein gutes Händchen bei Deinen „Anpaarungen“ glücklicher Zwei- und Vierbeiner.